WertePost – großartige Unternehmenskultur und Kooperation 2023
17. Dezember 2021WertePost – Toxik
11. Februar 2022Provokation unserer Zukunftsfähigkeit
Menschengemachte Krisen und Katastrophen nehmen immer erschreckendere Dimensionen an. Der jüngste IPCC Report 8.2021 (insgesamt 4000 Seiten!), dessen „Summary für policymakers“: https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/#SPM und die letzte Woche erschienene Studie des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) https://www.nature.com/articles/s41558-021-01097-4.epdf belegen dies auf dramatische Weise. Hinzu kam der Dasgupta Review: The Economics of Biodiversity: https://www.gov.uk/government/publications/the-economics-of-biodiversity-the-dasgupta-review-government-response
COP26 diente hauptsächlich einem come together. Dringend notwendige verbindliche Vereinbarungen der Haupt Emittenten für die Klimaerwärmung wurden nicht erzielt. Die Lese dieser Berichte kann, auch wenn wir um die Grundproblematik und Tendenzen dieser Entwicklungen bereits seit mehr als 30 Jahren wissen, zu Schnappatmung und Ohnmachtsanfällen führen. Das „Ende vom Klima“ gerät in Sichtweite. Wie finden wir aus diesem Dilemma?
Warum anderes Bilanzieren eine so wichtige Rolle bei der Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele spielt, ist Thema dieses Beitrags.
Science versus Economy?
Die Sprache der Wissenschaft spricht nicht die Sprache der Wirtschaft und der Unternehmen. Inzwischen vermessen abertausende Wissenschaftler weltweit die Ökologie, inklusive Erfolg oder Misserfolg unserer Nachhaltigkeitsbemühungen. Das unternehmerische Verständnis der wissenschaftlichen Feststellungen ist von den notwendigen Umsetzungen jedoch weit entfernt. Wie sonst erklären wir uns die bislang ungenügend wirksamen Bemühungen, Nachhaltigkeit im Unternehmen zu etablieren und nachweisbar zu dokumentieren?
Es schließt sich eine grundlegende Frage an: Sind die bislang erprobten Methoden wirklich geeignet, unsere erdrückende Problemlage zu verändern, geschweige denn zu lösen?
Reporting-Systeme wie Corporate Social Responsibility (CSR), Gemeinwohlökonomie (GWÖ)[1], Integrated Reporting (IR)[2] und Global Reporting Initiative (GRI)[3] oder in Teilen die Sustainable Development Goals[4](SDG) werden allenfalls als Anhang in der Bilanz dargestellt. Ob das bislang hinreichend etwas verändert hat, wurde mir noch von keinem Unternehmen positiv beantwortet. Ich möchte nicht generell in Abrede stellen, dass große Anstrengungen im Bereich der Ökologie unternommen werden. Reports sind eben darauf angelegt, zu be- und umschreiben.
Bilanzieren dagegen beginnt mit der Erfassung von Realitäten in Euro und Cent in Form von Buchungen. Das, was ein Unternehmen tatsächlich erzielt und investiert, findet in der Bilanz seinen Niederschlag. Genau das lässt sich messen und auch ins Verhältnis setzen. Allerdings passt unsere bisherige Art zu bilanzieren nicht in das neue Denken und Handeln, dessen es bedarf. Mit den Gedanken und Rezepten der Vergangenheit kommen wir im Angesicht der Aufgabenstellung sicher nicht mehr weiter. Die Unternehmen sind wirksamste Transformationsfelder. Hier liegt ein großer Hebel zur raschen Veränderung.
Mut zum Quantensprung im Bewusstsein – Zuversicht zu großen Innovationen
Auch wenn die neuesten Forschungsergebnisse zum reflexartigen Handeln aufrufen, benötigen wir ebenso dringend „ökologische“ Innovationen wie wirksamere neue Methoden der Nachhaltigkeitsverfolgung. In einer Welt voller komplexer Systeme und Herausforderungen gleicht das einem Quantensprung. Wir verfügen immerhin über (vielleicht verschütt gegangene) geistige Fähigkeiten. Sie haben schließlich unser reiches historisches Kultur- und Geistesleben hervorgebracht.
Wir brauchen einen (Wieder-)Anschluss an das Geistige – das Reich der Ideen. Kreativität und Ideenreichtum sind eine Folge dieses Sich-Anschließens. Jeder Erfinder oder Künstler weiß darum. Große Veränderungen oder (Er-)Findungen in der Menschheitsgeschichte sind und waren inspiriert; von wenigen, einzelnen, einer oder einem. Viele Zeitgenossen können es sich kaum vorstellen, dass wir Zero Grad Erderwärmung erreichen können. Wir neigen dazu, vom Bestehenden auf das Morgen zu schließen.
Wir kommen nun zu der bewusstseinsverändernden Kulturtechnik: der neuen Bilanzierung als Ort der Nachhaltigkeit. Die alte Bilanz spart die großen Zukunftsthemen Nachhaltigkeit im Speziellen und Werte im Besonderen aus. Unsere Kultur beruht aber eben auch auf Ressourcen, natürlichen und geistigen Quellen, auf denen wir unsere Gesellschaft, Wissenschaft und Innovationen bauen und weiterentwickeln.
Eine Wirtschaft und eine Gesellschaft von Morgen benötigen dringend eine verantwortlichere Abbildung unserer natürlichen, humanen und sozialen Werte und Ressourcen: Fähigkeiten, Wissen, Innovationen, Patentwerte, Rohstoffe oder Kooperation werden integraler Bestandteil der Wertebilanz. Mit der Wertebilanz werden Zukunftsfähigkeit, nachhaltiger Umgang mit unseren Ressourcen und Prosperität besser messbar. Wir benötigen ein System, das Ökologie, Ökonomie und Zukunftsfähigkeit zusammenführt.
Klassische Bilanzen weisen bekanntermaßen große Lücken und Defizite auf. Bestandteil der Wertebilanz ist eine rohstoffgetreue Nachhaltigkeitsbuchhaltung. Herkömmlich buchen wir Rohstoffe als Verbrauchsmaterial in der Gewinn- und Verlustrechnung. Welch eine Haltung gegenüber der Natur und ihren Ressourcen spricht sich hier aus? Nach dem Jahresabschluss geht zum Beispiel das Wissen über die Ressource „Kupfer“ und dessen Wert nahezu verloren.
Uns sollte klar sein, dass der einzig sinnvolle Verantwortliche für die Ressource Kupfer und dessen Verbleib das herstellende Unternehmen ist. Weder die Lieferanten noch die Konsumierenden können verantwortlich für das Produkt sein. Im Bilde gesprochen geben die Produzierenden die Ressource mit einem unsichtbaren Band an die Konsumierenden weiter. Sie leihen es förmlich aus. Desgleichen gilt für die Lieferketten mit ihren Erzeugnissen und halbfertigen Gütern.
Der Ort, in den wir die Ressource buchen, ist demnach falsch. Ressourcen sind der Natur nach Aktiva und damit Vermögen oder vermögensbildend. Nehmen wir das Beispiel eines Herstellers von mobilen Endgeräten. Dort wird Kupfer verwendet. In dem Moment, da es in der Produktion verbaut wird, geht es in den Besitz und damit die Verantwortung des Unternehmens über. Mit anderen Worten wird die Ressource Kupfer zum Anlagevermögen des Unternehmens.
Damit ist etwas Wundersames in der Bilanzierung geschaffen. Der „Ort“ der Nachhaltigkeit. Jetzt können Zugang (Recycling, Renaturierung) wie Abgang (Schwund, Verlust und Abschreibung) des Kupfers klarer dokumentiert werden. Deswegen beinhaltet die Bilanzierung von morgen eine wirklichkeitsgetreue Abbildung von Werten und Ressourcen.
Werte als humane Transformationsbeschleuniger
Für Kreativität als Wert gibt es keine Mehrzahl, sie kann von jedem Einzelnen von uns entdeckt werden. Potentiale zu fördern bedeutet auch, einen Freiraum für Autonomie zu schaffen. Zusammen mit der Kreativität wächst die Begeisterung: für persönliche Aufgaben und ein Zusammenarbeiten an gemeinsamen Zielen. Werte lassen sich weder dirigieren, verordnen noch erkaufen. Als geistige Entitäten haben Werte sich uns teilweise wegen Missbrauchs oder Vergessen entzogen. Sie existieren und warten auf uns. Befreit von Politik, rechts, links, Gier und Macht.
Sie können unsere Helfer werden, wenn wir sie zu unseren „Freunden“ machen. Sie geben uns Maß und Mitte, Orientierung, Ausrichtung auf Ziele, die wir erreichen können. Sie schaffen modern gesprochen ein „Framework“, einen Rahmen, an dem wir arbeiten können. Auch Werte unterliegen in ihrer jeweiligen Konstellation dem Wandel. Diese stellen in gewisser Weise unsere Klaviatur dar. Es gibt hohe, reiche Werte wie Freiheit und Würde. Freude, Wissen, Kreativität aber auch Sicherheit, Gesundheit und Wohlergehen gehören zu den Werten, die wir im Alltag umsetzen können.
Neue Bilanzform – die Wertebilanz
Die klassische Bilanz ist den dynamischen Anforderungen der Weltmärkte in Bezug auf Agilität, Nachhaltigkeit, Risiko, Begeisterung, Motivation, Identifikation, Wertentstehung in ihrer heutigen Form nicht mehr gewachsen. Gleichsam sind Werte wie Brenngläser für Wandel und Neues. Doch was ist mit den bisher nicht erfassten unternehmerischen Leistungen? Das Handelsgesetzbuch schreibt vor, korrekt, vollständig und wirklichkeitsgetreu zu bilanzieren. Doch wie sieht die Realität aus? Wir können sie sichtbarer werden lassen. Damit wird sie buchbar, klar und nachvollziehbar.
All das benötigt ein werthaltiges und verlässliches System, das auf der einen Seite Freiheitsgrade für Entwicklung in sich trägt, auf der anderen Seite einen klaren Rahmen bietet. Was ist nachhaltig und was hat Bestand? Die Bilanzierung und doppelte Buchführung wurde bereits vor mehr als fünfhundert Jahren durch den italienischen Mathematiker Luca Pacioli erfunden. Er legte auch die Gesetzmäßigkeit des goldenen Schnittes nieder. Maß, Verhältnismäßigkeit und Ästhetik sind eine gute mathematische Grundlage für unser Wirtschaften.
Werte nachhaltiger bilanzieren
Unternehmen, die lernen, mehr Werte zu bilanzieren, zeigen offensiv, was sie sozial, kulturell, ökologisch und nachhaltig leisten, auch für das Allgemeinwohl. Das Messen von Werten dient auch der erhöhten Übersichtlichkeit von Prozessen und Entscheidungen im Unternehmen. Die gewöhnliche Bilanz wird um wesentliche Gesichtspunkte ergänzt und auf ein höheres Niveau gehoben. Die Wertebilanz spiegelt die ökonomischen Verhältnisse realistischer und adäquat der unternehmerischen Wirklichkeit. Zu dieser Wirklichkeit gehört die Wertschöpfung, die Entstehung und das Wachsen von Werten eben. Am Ende steht eine Bilanz, die sich qualitativ sehen lassen kann.
https://tinyurl.com/f57a7a36
https://tinyurl.com/2eft7muj
https://www.ebook.de/de/product/40971004/rainer_monnet_wertebilanz.html
[2] https://integratedreporting.org
[3] https://www.globalreporting.org/standards