WertePost – Agenda 2030 und die SDGs
7. November 2022WertePost – Klimaaspekte
20. November 2022RESSOURCEN
Teil 2:
Less reporting, more accounting – Weniger Berichtswesen, mehr Buchführung
In den folgenden fünf Teilen dieser Serie von WerteBlogs gehen wir der Frage nach, inwieweit unsere derzeitigen Reporting Werkzeuge tauglich sind, die notwendigen Schritte für unsere Zukunftsfähigkeit (Sustainability) zu erzielen.
In Teil eins untersuchen wir, ob die Agenda 2030 für Unternehmen wirksam ist. Teil 2 behandelt die Frage nach den Ressourcen und der Frage nach der Endlichkeit. Teil 3 wirft einen Blick auf die Klimafragen und Reporting. Teil 4 bringt einen neuen Ideenansatz, die Nachhaltigkeit im Umgang mit unseren Ressourcen mit einem anderen Umgang mit Aktiva und AfA zu lösen. Teil 5 beleuchtet ESG und die EU-Taxonomie und deren Schwächen.
Schätze schützen
Menschen träumen gerne von Schätzen. Es kann uns zu äußerem Reichtum verhelfen. Seit Columbus und der Kolonialisierung der Neuen Welt hoben wir, im Bilde gesprochen, die Schätze vom Boden auf, mit wenig Aufwand im Vergleich zu heute. Wir nahmen und raubten die Schätze der Erde oder der Ureinwohner auf meist natur- und menschenverachtende Art. Als gäbe es weder Übermorgen noch Würde.
Bodenschätze sind Rohstoffe, welche die Grundlage unseres Wirtschaftswachstums und unserer Zivilisation bilden. Wem gehören sie? Wer hat das Recht, diese zu entnehmen und fördern? Wir benötigen dringend andere Antworten auf diese Fragen, als wir sie uns bislang gaben.
2021 erschien der Dasgupta Review: “The Economics of Biodiversity” [1]. Dasgupta arbeitete mit seinem Team im Rahmen der Royal Society heraus, dass der Mensch nur ein Teil der Natur ist. Menschliche Ökonomien sind eingebettet in die Natur oder ihr Erdsystem. Rohstoffe sind Assets der Natur. Der Mensch ist demnach ein Asset Manager. Bislang ein eher schlechter, wenn wir die Folgen unseres Handelns für die Natur ansehen. Die ‚Impact Equation‘, im Sinne einer Wirkungsgleichung, wird im Report hergeleitet. Bringen wir die Impact Equation als Bewertungsmaßstab mit den SDGs in Beziehung, entstehen für die SDGs im Allgemeinen und vor allem für Unternehmen weitere Fragezeichen. Wir behandeln und nutzen die Natur spätestens seit Beginn der Industrialisierung wie ein Selbstbedienungslager. Wir Menschen sollten tunlichst lernen, intelligentere und umsichtigere Asset Manager zu werden.
Eigentum
Investoren, Staaten oder Unternehmen genießen das Eigentumsrecht, Rohstoffe der Erde zu entnehmen und verwerten, so wie es ihnen beliebt. Das gilt auch für Expeditionen ins Weltall und mögliche neue Rohstoffquellen. Wir Menschen bemächtigen uns. Es herrschen nicht die Gesetze der Natur, sondern die der Entnehmenden. So wundern wir uns nicht, dass die Natur den Kürzeren zieht. Rohstoffe ordnen wir den natürlichen Ressourcen zu. Aber es existieren auch andere Ressourcen, die unser Leben und die Wirtschaft bedingen.
Arten von Ressourcen
- Natürliche Ressourcen – Rohstoffe, Naturgüter, …
- Menschliche Ressourcen – geistiges Potenzial, wissenschaftliche Erkenntnisse, Patente, …
- Soziale-rechtliche Ressourcen – unternehmerische gesellschaftliche Gesamtverantwortung, Kooperation und Zusammenarbeit, Arbeitskraft, …
- Kulturelle Ressourcen – Bildung, Erziehung, Kultur..
- Künstliche datenbasierte Ressourcen – Master Data, Big Data
Näheres dazu im Kapitel 13 im Buch „Wertebilanz“. [2]
Ein halbes Jahrhundert
Bis vor etwa 50 Jahren, mit ausgelöst auch durch den Club of Rome [3] und die keimende weltweite Umweltschutzbewegung, sahen wir natürliche Ressourcen bis dahin als nahezu unendlich an. Wir hatten kein kollektives Bewusstsein für die Endlichkeit der Ressourcen. Neigte sich eine Quelle dem Ende, gingen wir zur nächstgelegenen. Ausgenommen waren Gold, Diamanten oder Silber, die schon immer als selten und begrenzt verfügbar galten. Scheinbar ausgehende oder knapp werdende Ressourcen erlebten wir bis dahin nicht als dramatisch. Gaia, unsere Mutter Erde, bot uns reichlich andere. Die technische und industrielle Revolution ermöglichte uns natürliche Ressourcen aus Minen, die als ausgeschöpft galten, weiterhin auszuschlachten. Wir gingen dazu über, ganze Berge abzutragen, um aus immer mehr Masse immer weniger Ausbeute zu erzielen. Es gibt inzwischen weitere Veröffentlichungen des Berichtes des Club of Rome (1972) [4]. Die aktuellen Berichte und Veröffentlichungen sind hier aufgeführt [5].
Raubbau
‚Sammelten‘ wir im Bilde gesprochen vor etwa 200 Jahren die Erze von der Erde auf, pressen wir nun die Erde aus, wie eine gebrauchte Zitrone. Wir hinterlassen Krater, zerstörte Ökosysteme und nutzlose Wüsten. Die Natur vermag sich von diesen Torturen kaum zu erholen, die nicht nachwachsenden Ressourcen schon gar nicht. Mit der immer steigenden Zunahme des Raubbaus erlangten zwei Faktoren Bedeutung. Die Energie und deren Preise. Die Erschließung der Ressourcen wurde in Korrelation mit der Menge an Abraum immer kostspieliger. Der Koeffizient zwischen Abraum und Ertrag nähert sich immer mehr Null. Minen werden dann endgültig geschlossen. Im Zuge dieses Fortschritts, der eher ein Rückschritt ist, lernten wir die Erde immer genauer zu vermessen und zu erkunden. Vor allem interessiert die Landeigner, die Eigentümer der Bodenschätzen, die Frage der Endlichkeit der Ressourcen sehr. In Zeiten knapper werdender Ressourcen, steigendem Energieverbrauch und wachsendem Bewusstsein für Nachhaltigkeit/Zukunftsfähigkeit stellt sich eine bedeutende Frage: Wie viele Rohstoffe haben wir tatsächlich (noch) zur Verfügung und wie lange reichen diese? [6]
Seltene Werte
Die Frage der Endlichkeit lässt sich aus mehreren Gründen nicht leicht beantworten. Wir stoßen immer wieder, wenn auch im letzten Jahrhundert immer seltener, auf neue Rohstoffquellen. Wir wissen also nicht exakt um die noch zur Verfügung stehenden Orte und vor allem die neuen Fördermengen sind schwerlich zu bestimmen. Zudem haben Staaten oder Unternehmen die Hand auf den Landrechten. Sie wähnen es als ihr Eigentum oder zumindest verhalten sie sich dementsprechend. Damit verfügen sie auch über die Macht, die Zahlen über die Ressourcen Vorkommen zu verheimlichen oder zu manipulieren. Inzwischen findet ein wachsender elektronischer Handel mit Rohstoffen oder Derivaten an den Börsen statt. Diese reagieren sehr sensibel auf Nachrichten über Mangel oder Endlichkeit von Bodenschätzen. Ferner ist von Belang, wie ergiebig die Ressourcenquellen sind. Wir haben einen größeren Aufwand betrieben, dieser Fragestellung nachzugehen.
Ressourcen
Die Ressourcenvorkommen (hier finden sie eine Tabelle ‚Recherche der derzeit bekannten Rohstoffvorkommen‘) folgen meist von der Nutzung bis zur Erschöpfung der Quellen der Gaußschen Normalverteilung. Der Maximalpunkt wird in der modernen Ressourcenwissenschaft als „Peak“, bekannt. Vor allem durch den Erdölexperten Collin J. Campbell [7], etabliert. Ab dem Peak steigen in der Regel zunehmend die Energiekosten proportional zur Förderung gleichwohl gegenläufig zum Abflachen der Kurve. Wenig Ertrag, exorbitante Energiekosten, radikaler Eingriff in Ökologie und Natur. Siehe „peak oil“
Neben den Fundstellen und der aktuellen Fördermenge fehlt etwas Elementares zum besseren Verständnis der Situation. Die absolute Menge der zur Verfügung stehenden Rohstoffe ist nicht oder schwer voraussehbar. Wir wissen von den meisten Ressourcen die ungefähren Bestände, aber nicht die verlässliche Restmenge. Durch einen neuen Fundort können bisherige Kalkulationen und damit Kapazitäten obsolet werden.
Problematisch ist, dass Mäßigung für Menschen ohne ein absolutes, begreifbares Maß schwer vermittelbar ist. Die Erklärung der Endlichkeit wird so eine von der Wissenschaft behauptete abstrakte Größe. Eine moralische Wirkung auf das Verhalten der Menschen ist so, wenn überhaupt, schwer erzielbar. Das Ringen um die Nachhaltigkeit und die Einhaltung der auferlegten Ziele wird inflationär.
Wir kennen also die reellen absoluten Zahlen der Rohstoffvorkommen und -mengen nicht. Wir sehen allerdings eine fortwährend steigende Energiemenge zur Bergung und Gewinnung der Ressourcen. Die Verkaufspreise der Rohstoffe steigen entsprechend der Energiekosten. Bei Ressourcenvorkommen wie Öl oder Kohle, die uns seit langem bekannt sind, ist die Endlichkeit in Zahlen genauer. Jüngst entdeckte Ressourcen können mengenmäßig nur geschätzt werden. Etwa 20 der seltenen Rohstoffe gehen im Laufe dieses Jahrhunderts bereits dem Ende zu. Diese sind nicht mit den 17 leichten und schweren seltenen Erden zu verwechseln. [8] Zur Orientierung: Die weltweiten Erdölressourcen galten 2009 mit 38% als verbraucht. [9] Prof. Ugo Bardi spricht in seinem Buch „Der Seneca Effekt“ von der mineralischen Eschatologie. Das ist ein guter Begriff für ein mögliches Ende vieler unserer Ressourcen. Wenn wir um die Endlichkeit, Seltenheit oder mangelhafte Recyclingquote einzelner Ressourcen wissen, sollten wir alles daransetzen, diese nicht weiterhin in gewohntem Maße auszubeuten. (Platin, Rhodium, Tantalum, Gallium, Seltene Erden, Palladium, Gallium, Indium, usw.) Reiten wir weiter auf der Welle der maximalen Ausbeute, schwant uns am bitteren Ende ein Seneca Kollaps mit Neben- und Rückkopplungseffekten. Mit der Seltenheit und der Endlichkeit ist die Frage verbunden, ob es eine „sustainable zeroline“ [10] geben kann für bilanzierbare Rohstoffe oder Ressourcen. Eine realistische Schwelle oder Schwellwerte, anhand derer die Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens gemessen werden kann.
Ressourcen
Ressourcen
Quellen
[1] https://www.gov.uk/government/publications/final-report-the-economics-of-biodiversity-the-dasgupta-review
[2] https://wertebilanz.com/natuerliche-ressourcen/ressourcenbilanzierung/
[3] https://www.youtube.com/watch?v=gSPHzkAHwqY, Denis Meadows
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Grenzen_des_Wachstums
[5] https://clubofrome.de/veroffentlichungen, https://clubofrome.de/berichte
[6] Ugo Bardi, Der geplünderte Planet, Bundeszentrale politische Bildung 2013, https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/Bardi_bpb.pdf
[7] Collin J. Campbell, Study of Peak Oil and Gas, 2000 und Ölwechsel 2002
[9] http://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Energie/Downloads/Energierohstoffe_2009_Teil1.pdf?__blob=publicationFile
[10] J. D., Dahm: Benchmark Nachhaltigkeit: Sustainability Zeroline, transscript verlag, 2018