Bilanzversagen hört sich wie ein neues Krankheitsbild an. Ist es gewisser Weise auch. Nur nicht im medizinischen, sondern im ökonomischen Sinne. Nach dem Herzversagen hört das Herz auf zu schlagen und der Tod tritt ein. Das geschieht beim Bilanzversagen nicht. Ausnahme Insolvenz, nur da hat nicht die Bilanz versagt. Insolvenzgründe sind mannigfaltig. Der ehemalige DAX Konzern Wirecard hat uns diesbezüglich gelehrt, wie das im schlechten Sinne gehen kann.
Die Bilanzen wurden über Jahre durch kriminelle oder korrupte Machenschaften missbraucht und ein völlig entstelltes Bild des Unternehmens gezeichnet. Es schadet allerdings der Bilanz weniger als es Anleger oder Gläubiger in den finanziellen Abgrund treibt.[1] Die Bilanz hat demnach nicht versagt, sondern das herkömmliche Bilanzsystem und die Menschen, welche in der Verantwortung standen.
Oftmals verfügen wir über wirkmächtige Werkzeuge, die exzellent sind, wir wissen es nur nicht. Wir nutzen sie nicht in der möglichen Breite und in einer sinnvollen Weise. In diesem Fall ist es die Bilanz. Die Wertebilanzierung ist eine Methode, ein ganzheitliches Messwerkzeug zur Bewusstmachung und Spiegelung der unternehmerischen Wirklichkeit. Dies nur, wenn sie sich nur auf eine Sichtweise und Schicht des Unternehmens beschränkt. Das sind derzeit die Finanzen. Wäre unser jetziges Bilanzwesen wirklich auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Wirklichkeitstreue ausgelegt, wie es das HGB fordert, würden die Unternehmen sicherlich bilanziell anders dastehen. Greenwashing und mafiose Verschleierungsmethoden für Geschäftsprozesse und Wertentstehung gehörten sicherlich zur Ausnahme. Die Intentionen der Väter des HGB waren redlicher. Es wurde bereits 1900 gemeinsam mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Kraft gesetzt.[2]
Die klassische Bilanz weist Lücken auf und geht auf Krücken. Sonst wäre so ein Fiasko Wirecard nicht möglich. Die gewöhnliche Bilanz ist den dynamischen Anforderungen der Weltmärkte in Bezug auf Agilität, Nachhaltigkeit, Risiko, Begeisterung, Motivation und Identifikation nicht gewachsen. Vieles der unternehmerischen Abläufe geschieht jenseits der Buchhaltung und Bilanzierung, versteckt oder externalisiert. Wir können diese Prozesse mehr sichtbar werden lassen, damit sie buchbar, klar und nachvollziehbar werden. So kann Wert-„Schätzung“ einsetzen. All das benötigt ein werthaltiges und verlässliches System.
Unternehmen, die lernen, (Mehr)-Werte zu bilanzieren, zeigen offensiv, was sie können und leisten, auch für das Allgemeinwohl und die Nachhaltigkeit. Am Ende steht eine Wertebilanz, die sich qualitativ sehen lassen kann. Die Bilanzierung von morgen beinhaltet eine realistische und korrekte Abbildung von Werten, Vermögen und Ressourcen. Dies bedeutet ein exaktes Erfassen und Verfolgen der Werte und ihrer Wertschöpfungen in den Bereichen Ökologie, Nachhaltigkeit, Kultur, Soziales und Wirtschaftlichkeit. Das verschafft auch ein vollständigeres Bild über Wertentwicklungen und -steigerungen im Unternehmen. Integraler Bestandteil ist eine relativ einfache und wirklichkeitsgetreue Nachhaltigkeitsbuchhaltung.
Sie bildet den Umgang mit Ressourcen im wirtschaftlichen Sinne ab. Verbrauch, Gebrauch, Vernichtung und Renaturierung natürlicher Ressourcen werden an der richtigen Stelle gebucht. Die Verantwortung für die weitere Nutzung der verwendeten Rohstoffe verbleibt im Unternehmen. Ressourcen wie Natur, Fähigkeiten, Wissen, Innovationen, Patentwerte, Rohstoffe, Kultur, Daten deklarieren die Buchführung der Zukunft als Vermögen und aktivieren diese: In Euro und Cent! So können moderne Unternehmen, soziale wie gewerbliche, eine Grundlage zukunftsfähiger Prosperität, Ökonomie und Ökologie schaffen.